Montag, 19. Dezember 2011

Zwei Schritte vor - einer zurück

....oder: Der Mensch braucht Ziele!
Wer Kinder hat, weiß wie schön es is', den Kleinen beim Großwerden zuzuschauen ...wie sie die Welt wahrnehmen und entdecken, wie sie dazulernen - Schritt für Schritt - und doch so wahnsinnig schnell. Und das ganz wie von selbst, durch Nachahmung ...ohne größere Anleitung (meistens) und scheinbar ohne bestimmtes höheres Ziel (oder kann man unterstellen, dass ein knapp zwei-jähriger die ganze Zeit denkt: 'So wie Mama und Papa will ich das auch können, am besten jetzt und sofort.'?)
Sehr lustig isses, wenn ich Nate beim virtuellen Baffi-un-Guche-Spiel zusehe ...ähm: Kaffe-und-Kuchen, natürlich. (Für Wolfgang wär' das bestimmt ein Grund zum Nachsitzen im Sprechunterricht :)) Das erinnert immer ein wenig an 'Dinner for One', wenn er mit den 50-er-Jahre-Sammeltässchen (!!) seiner Oma über nicht vorhandene Tigerköpfe stolpert und das Tellerchen mit Schwung über den Tisch schießt, welches dann knapp vor der Kante zum Stehen kommt (Oppla...beinah!)

Wer Theater macht, hat am besten noch ein Stück weit das Kind in sich bewahrt, oder sollte zumindest ein bisschen verrückt sein ...im Idealfall beides. So lässt sich mit den hin und wieder auftretenden Proben- und Bühnenstresssituationen doch gleich viel besser umgehen. (Gut... mit ein bisschen weniger Verrücktheit, würden manche dieser Situationen vielleicht auch gar nicht erst entstehen ...aber das is'n anderes Thema) So eine Theaterproduktion is ja immer auch ein wenig das Baby des Regisseurs ...oder sind's die Darsteller? Manchmal hat's zumindest den Anschein, wenn Inszenierungs- und Regieanweisungen eher an Erziehungsversuche erinnern. Die Metapher der 'schweren Geburt' begleitet die Beteiligten bis zur Premiere ...in der Regel häufiger als die des 'Kinderspiels'. Und: Ohne Ziele geht hier gar nix!
Und deshalb wurde uns bei einer der vorangegangenen Proben offenbart, dass ein Teil der "Kindertransporte" bereits Ende Januar zur Aufführung kommen soll (Oppla!) Quasi als Teaser. Gute Idee! Das baut möglicherweise schommal Hemmschwellen bezüglich des eher schwierigen Titels ab. Anlass der 'Vor-Premiere': Das 25-jährige Bestehen des Taeter-Theaters. (Höchste Zeit für die 'Quarter-life crisis')
Nun sollte man denken: Jetzt wo man ein konkretes Ziel vor Augen hat, geht's denn mal flotter voran. Schwer gefehlt. Umso öfter hört man in den Proben: Alles von nochmal, bitte! Aus Bühnen-Sicht kommt man sich da ein wenig vor, als säße man IM Fernseher und Wolfgang drückt die ganze Zeit die Wiederholen-Taste an der DVD-Fernbedienung. Mit dem kleinen Unterschied, dass auf der Bühne jede Wiederholung anders aussieht :D ...noch!
Aber wir sind ja die Guten (unter den Heidelberger Theatern). Von daher is' mir alles recht, was uns noch besser macht.

Verpflegung:
Wurst! Diesmal gebraten ...die leckeren roten, von ordentlicher Länge!

Zitat der Woche:
Wolfgang (zu einem Darsteller) nachdem er sein absolutes Ästheten-Gehör verletzt sah: "Wir machen mal 'ne Stunde Sprechtraining; das is ja FUACHTBAAA! (ohne R und mit feinstem österreichischem Rachen-ch ...so wie in: DRACHE :))
Ansonsten: Zahlreiche zensurpflichtige Zoten ..."mir gefällt die Alliteration"

Samstag, 10. Dezember 2011

Wünsch Dir was!

Die Zeit is' ja gerade günstig für sowas. Und - kaum zu glauben - manchmal geht der ein oder andere Wunsch in Erfüllung.
Vorvergangene Woche hatte ich an dieser Stelle zum Beispiel über Wolfgangs Kürzungsphilosophie geschrieben ...jedoch ohne damit einen konkreten Wunsch zu verbinden. Nunja, und bei meinem Eintreffen bei der darauffolgenden Probe hieß es: "Wir haben schommal allerhand gekürzt." Nicht, dass ich mir jetzt vormachen wollte, das hätte was mit meinem Blog-Eintrag zu tun gehabt. Es bestätigt lediglich: Bisweilen reicht es sogar, einen KURZEN Gedanken ans Universum zu schicken. (Also: Immer schön aufpassen beim Denken.)
Apropos 'kurz'... Meine Kritik an den viel zu kurz geratenen Würstchen der vergangen Woche hat definitiv gefruchtet: Als Probenverpflegung kredenzten Wolfgang und Anne ein deftiges Szegediner Kraut-Gulasch mit Klößen ...sensationell lecker!
Auf der Bühne wird ja auch viel gewünscht. Wünsche von Seiten der Regie nennt man dort 'Kritik'. Und die kann bei Herrn G. aus H. bekanntermaßen gerne mal wie dessen Gulasch-Variationen ausfallen: deftig. (Was ihn selbst wohl am meisten Nerven und schon mal die Stimme kostet.) Aber er kann auch anders. Vielleicht isses ja die besinnliche Adventszeit, die ihn dazu veranlasst seine Kritik in beinahe schon poetische Formulierungen zu konvertieren. Wenn Elvira zum Beispiel doch "endlich mal drei Schritte auf den Klängen ihrer Einsamkeit wandeln" soll ...oder "sich der Raureif des Alters über Daria senkt". Und ab und an isser sogar selber überrascht, wenn uns was gelingt, ohne dass er's genau gesehen hat. So zum Beispiel als unser Best-Ager Erich zapp-zapp von seinem Lieblingsplätzchen (neben Elvira) auf die Hinterbühne gelangte. Wolfgang: Wie bist Du jetzt so schnell dahin gekommen? Anne: Hör mal... der Mann hat immerhin zwei Weltkriege überlebt! ...aber halt auch verloren. ;)
Weihnachten hin oder her, auch unser Regisseur hat nicht immer was zu verschenken ...in gewissen Situationen muss man aufpassen, dass man nix weggenommen kriegt. Wenn nach mehrfachen Korrekturversuchen der Darsteller seinen Text immer noch nicht wie gewünscht abliefert, "dann bekommt den Satz halt die Carmen." Hohoho... Wolfgang als Knecht Ruprecht, wie wir ihn kennen und lieben ...immer wieder gern gesehen :)

Probenverpflegung: siehe oben

Zitat Dialog der Woche:
als die geplante Probenzeit doch spürbar überschritten wurde, fragt mich Erich:
"Musst du morgen früh zur Arbeit"
"Nö, aber ich hab' Nathanael-Tag."
"Was hast Du?"
"Ich darf morgen mein Söhnchen betreuen."
"Und wat is mit der Mama?"
"Wir haben uns getrennt."
"JETZT SCHON???" ....unser Erich, trocken wie immer :)

Samstag, 3. Dezember 2011

Schein oder nicht Schein

...wenn man das in einer Hamlet-Aufführung hören würde, dürfte man wohl ohne weiteres sagen: "Der spricht wie ein Schwein". (Aus dem Munde eines österreichischen Regisseurs hörte sich ein solches Urteil natürlich noch etwas deftiger an.) Wie komm' ich jetzt da drauf?
Hm... ja: Der Schein... der trügt einen ja nicht selten; und die Diskrepanz zwischen Sein und Schein kann bisweilen doch recht gravierende Ausmaße annehmen. Wird diese Diskrepanz im wahren Leben plötzlich evident, fragt man sich rückblickend meist, wie sie überhaupt zustande kommen konnte. Ich vertrete da eher eine subjektivistische Sicht, die davon ausgeht, dass der An-Schein beim Betrachter entsteht als Ergebnis kognitiver Vorgänge unter Beimischung von Phantasie. Nehmen wir mal das Beispiel der Schönheit. Die liegt ja, wie man gern sagt, im Auge des Betrachters. So formulierte Wolfgang in der vergangen Probe zu diesem Thema ganz passend: "Max, Du bist ein massiver, schöner, großer Mensch. ENTSETZLICH!" (Dies sollte natürlich kein Urteil über Max' Attraktivität sein ...vielmehr ging es darum, dass eine von Max gespielte Reaktion aufgrund seiner natürlichen Präsenz von der Regie als zu stark empfunden und dementsprechend kleiner inszeniert wurde: statt großem Zusammenbruch genügte nun ein kleines Kopfschütteln. Ein weiterer empirischer Nachweis dafür, dass schöne Menschen weniger aktiv zu ihrem Erfolg beitragen müssen.)
Will sagen: Bisweilen ist man sich seiner eigenen Wirkung (dem An-Schein) ja nicht einmal bewusst. (vgl. hierzu auch: "Ich hab gesagt Du sollst SCHAUEN!" - "Aber ich hab' doch geschaut" - "Ja, aber ZU LANGSAM! So SCHAUT vielleicht ein Appenzeller.")
Ganz schwierig wird's dann, wenn vermeintlich objektive Grundlagen nicht mehr als verlässlich betrachtet werden dürfen und Ihre Da-Seins-Berechtigung verlieren (vgl. hierzu: "Das steht aber so im Textbuch." - "Vergiss das Textbuch; das wird sowieso alles geändert!")
Ganz klar: Die Entscheidende Instanz am Theater bei der Regulierung von Subjektivität und Objektivität ...oder Schein und Sein... zur Erreichung von Authentizität ist letztlich die Regie ...denn die is' am Ende auch an allem Schuld :))
Tja, und im richtigen Leben? (...wir spielen ja alle Theater...) Wär doch prima, wenn's da auch so 'ne Instanz gäbe. Gibt's doch (bei einigen zumindest): der Verstand! Ja, aber gerade der is' doch das schwache Glied dabei. Clever genutzt wäre der aber zweifellos imstande, uns vor Missverständnissen, Trugschlüssen und Scheinheiligen zu bewahren. Andererseits, wenn's das Leben leichter macht: Warum sich nicht mal was vorgaukeln (lassen) ...daraus entstehen gerne auch mal die besonderen magischen Momente.
In diesem Sinne beschließe ich mein kleines Philosophisches Memory (=Anfängervariante des Philosophischen Quartetts) und wünsche allen Beteiligten weiterhin viel Spaß am Spiel und stets gute Laune bei den Proben ...oder wie unser Regisseur in charmant gemeintem Befehlston sagen würde: "Ihr MÜSST Spaß haben!!!"

Probenverpflegung:
"Völlig Wurscht" könnte sich so mancher denken. Und damit hätte er diesmal auch recht gehabt. Allerdings: etwas wenige und "...zu klein, verdammt". (Was ist nur aus den tollen Revisor-Rindswürsten geworden?)

Zitat der Woche:
Entfällt, da Erich diese Woche wegen Krankheit fehlte.