Samstag, 3. Dezember 2011

Schein oder nicht Schein

...wenn man das in einer Hamlet-Aufführung hören würde, dürfte man wohl ohne weiteres sagen: "Der spricht wie ein Schwein". (Aus dem Munde eines österreichischen Regisseurs hörte sich ein solches Urteil natürlich noch etwas deftiger an.) Wie komm' ich jetzt da drauf?
Hm... ja: Der Schein... der trügt einen ja nicht selten; und die Diskrepanz zwischen Sein und Schein kann bisweilen doch recht gravierende Ausmaße annehmen. Wird diese Diskrepanz im wahren Leben plötzlich evident, fragt man sich rückblickend meist, wie sie überhaupt zustande kommen konnte. Ich vertrete da eher eine subjektivistische Sicht, die davon ausgeht, dass der An-Schein beim Betrachter entsteht als Ergebnis kognitiver Vorgänge unter Beimischung von Phantasie. Nehmen wir mal das Beispiel der Schönheit. Die liegt ja, wie man gern sagt, im Auge des Betrachters. So formulierte Wolfgang in der vergangen Probe zu diesem Thema ganz passend: "Max, Du bist ein massiver, schöner, großer Mensch. ENTSETZLICH!" (Dies sollte natürlich kein Urteil über Max' Attraktivität sein ...vielmehr ging es darum, dass eine von Max gespielte Reaktion aufgrund seiner natürlichen Präsenz von der Regie als zu stark empfunden und dementsprechend kleiner inszeniert wurde: statt großem Zusammenbruch genügte nun ein kleines Kopfschütteln. Ein weiterer empirischer Nachweis dafür, dass schöne Menschen weniger aktiv zu ihrem Erfolg beitragen müssen.)
Will sagen: Bisweilen ist man sich seiner eigenen Wirkung (dem An-Schein) ja nicht einmal bewusst. (vgl. hierzu auch: "Ich hab gesagt Du sollst SCHAUEN!" - "Aber ich hab' doch geschaut" - "Ja, aber ZU LANGSAM! So SCHAUT vielleicht ein Appenzeller.")
Ganz schwierig wird's dann, wenn vermeintlich objektive Grundlagen nicht mehr als verlässlich betrachtet werden dürfen und Ihre Da-Seins-Berechtigung verlieren (vgl. hierzu: "Das steht aber so im Textbuch." - "Vergiss das Textbuch; das wird sowieso alles geändert!")
Ganz klar: Die Entscheidende Instanz am Theater bei der Regulierung von Subjektivität und Objektivität ...oder Schein und Sein... zur Erreichung von Authentizität ist letztlich die Regie ...denn die is' am Ende auch an allem Schuld :))
Tja, und im richtigen Leben? (...wir spielen ja alle Theater...) Wär doch prima, wenn's da auch so 'ne Instanz gäbe. Gibt's doch (bei einigen zumindest): der Verstand! Ja, aber gerade der is' doch das schwache Glied dabei. Clever genutzt wäre der aber zweifellos imstande, uns vor Missverständnissen, Trugschlüssen und Scheinheiligen zu bewahren. Andererseits, wenn's das Leben leichter macht: Warum sich nicht mal was vorgaukeln (lassen) ...daraus entstehen gerne auch mal die besonderen magischen Momente.
In diesem Sinne beschließe ich mein kleines Philosophisches Memory (=Anfängervariante des Philosophischen Quartetts) und wünsche allen Beteiligten weiterhin viel Spaß am Spiel und stets gute Laune bei den Proben ...oder wie unser Regisseur in charmant gemeintem Befehlston sagen würde: "Ihr MÜSST Spaß haben!!!"

Probenverpflegung:
"Völlig Wurscht" könnte sich so mancher denken. Und damit hätte er diesmal auch recht gehabt. Allerdings: etwas wenige und "...zu klein, verdammt". (Was ist nur aus den tollen Revisor-Rindswürsten geworden?)

Zitat der Woche:
Entfällt, da Erich diese Woche wegen Krankheit fehlte.

2 Kommentare:

  1. Es darf wohl dem interssierten Leser erlaubt sein zu bemerken, dass die Dokumentation allein aus dem Auge des Schreibers zu sehen ist, der zugegeben sehr subtil aber doch subjektiv seine Eindrücke zum Besten gibt. So soll er doch die eigene Wirkung anderer als Wahrnehmung nicht unterschätzen. Es obliegt dem Betroffenen wie er bestimmte Ansagen für sich wertet. Und die Ansage des Verantwortlichen: du schaust wie ein Appenzeller kann wohl kaum als Schmeichelei empfunden werden. Ich als weiterer Beobachter möchte feststellen, dass die zugegeben harmlose Kritik der späten Stunde und des wahrscheinlich leeren Akkus von W. zuzuschreiben ist. Trotzdem reichte ihm noch die Kraft das Beschreiten eines Halbkreises zu bemängeln. Zugegeben es können 180° sein, das Auge unserer Kamera möchte aber 147° sehen. Es bleibt spannend.
    E.S.Z

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